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Monthly Archives: Oktober 2012

Ich komme in den großen Saal der Westfälischen Klinik. Stühle sind vor der Bühne aufgebaut, einige Besucher sind schon da, Arzu Toker, die Leiterin des diesjährigen Workshops, im Gespräch mit dem Klinikleiter Dr. Burchard. Nathan Raimann, Assistent in diesem Workshop, trägt Getränke für die Gäste zum Tisch am Eingang. Plötzlich horcht Herr Dr. Burchard auf: „Der Klinikleiter ist entführt worden?“ Jetzt hören alle zu, was da über die Lautsprecher die ganze Zeit im Hintergrund angesagt wird. Eine junge Stimme spricht „Nachrichten“. Aus der Klinik. Vermischt mit Sätzen, die aufhorchen lassen, weil sie so absolut nicht zu „Nachrichten“ passen wollen. Wir setzen uns. Begrüßungsansprachen. Dann beginnt die Aufführung. Als der Vorhang sich öffnet, sitzen drei junge Mädchen auf mit Fotos von Klinikgebäuden beklebten quadratischen Kästen. Mit dem Rücken zum Publikum.

Diesen Sommer hatten es die Workshopleiter schwer. Nur fünf Teilnehmer waren angemeldet, eigentlich zu wenig für eine Theateraufführung. Zwei davon hatten gedacht, es würde gemalt, und hatten keine Lust auf Schreiben und Theater. Einer wurde noch dazu gewonnen – er aber hatte auch keine Lust mit zu machen. So blieben drei Teilnehmerinnen, zwischen 14 und 15 Jahre alt, hoch motiviert und unglaublich kreativ.

Die Jugendlichen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Westfälischen Klinik  Marsberg sind nicht umsonst hier. Sie haben zum Teil grauenhafte Dinge erlebt und große Probleme, mit unserem „normalen“ Leben zurecht zu kommen. Die künstlerische Arbeit mit ihnen in den Sommerworkshops ist jedes Mal eine Herausforderung.

Die Texte, die die drei hoch motivierten jungen Frauen sprachen, ließen einige Besucher schlucken. Da gab es Berichte von Gewalterfahrungen, Dialoge von absoluter Lieblosigkeit und Missachtung, Gedichte von Grenzerfahrungen, die man niemandem wünscht. Es gab aber auch sehr viel Hoffnung, sehr viel Mut. Allein der Mut, sich auf die Bühne zu stellen und derart persönliche Texte vor zu tragen, zeugte von so viel persönlicher Power dieser jungen Menschen.

Eine der Teilnehmerinnen sagte, diese Woche habe ihr mehr gebracht als Monate der Therapie.

Was wir daraus hören: Es ist richtig und gut, was wir hier machen mit unserem Projekt „Idiotenfriedhof“ – nicht, weil Therapie überflüssig wäre, das ist sie nicht, sondern weil sie sie ergänzt. Therapie ist notwendig – ein Kunstworkshop ist ein Zusätzliches, ein Geschenk. Anscheinend ein wertvolles.

Wir finanzieren die Workshops ausschließlich aus Spenden. Im letzten Jahr sind zwei großzügige Spender ausgefallen, auch haben wir keine Drittorganisation  zur Unterstützung finden können wie in einigen Jahren zuvor. Deshalb bitten wir Sie: Spenden Sie, sagen Sie weiter, kontaktieren Sie uns.

Hier finden Sie weitere Hintergrundinfo zum Projekt und die Spenden-Seite: www.idiotenfriedhof.de

 Danke.